Das Prinzip Fitness.

Arztmeinung von Dr. med. Andreas Heine

"Sensomotorische Einlagenversorgung in der Kinderorthopädie"

Sensomotorische Einlagen sind ein modernes, effizientes und kostengünstiges Therapeutikum zur Beseitigung von Fußfehlstellungen bei Kindern und funktionellen Schmerzsyndromen.

Im Verlauf jeder Einlagenversorgung sind kontinuierliche klinische Kontrollen erforderlich, um die Einlagen den sich verändernden Fußfehlstellungen und dynamischen Verhältnissen anzupassen. Es hat sich bewährt, diese alle drei Monate durchzuführen.

Zusammenfassend ist die propriozeptive Einlagenversorgung ein gutes und adäquates Mittel zur Behandlung von korrigierbaren Fußfehlstellungen und Schmerzsyndromen der unteren Extremität. Durch einen Lerneffekt und Adaption ist irgendwann eine einlagenfreie Nachbehandlung möglich.


Bei welchen Krankheitsbildern werden Propriozeptiveinlagen eingesetzt:


  • Schwerer Knick-Senkfuß / Knick-Plattfuß

    Der Knick-Senkfuß ist eine Fußdeformität, welche mit einer valgischen Ferseneinstellung oder einer Abflachung des Längsgewölbes einhergeht. Teilweise ist eine Überpronation des Vorfußes in Relation zum Rückfuß nachweisbar. Bei der Untersuchung ist Augenmerk zu legen auf die Dynamik, insbesondere auf das Ausmaß der Abflachung des Längsgewölbes und der Überpronation. Im Zehenspitzengang wird beobachtet, ob sich die Ferse ausgehend von einer Valgusstellung in eine Varusführung bewegt, das heißt, sich aufrichtet. Ist dies nicht der Fall oder ist eine erhebliche Überpronation vorhanden, besteht die Indikation zur dynamischen Einlagenversorgung, welche insbesondere eine Stärkung des Muskulus tibialis posterior/anterior hervorrufen muss. Auszuschließen ist immer ein angeborener Knick-Plattfuß, ein so genannter Talus vertikalis, welche Folge einer komplex vernarbten und sehr kontrakten, angeborenen Fehlbildung des Rückfußes ist und mit einer Achillessehnenverkürzung einhergeht. Auch bei ausgedehnten Knick-Senkfüßen und Knick-Plattfüßen, kann eine Achillessehnenverkürzung vorliegen. Diese ist im Sitzen unter Korrektur des Fersenvalgus auszuschließen. Sollte diese vorhanden sein, ist ergänzend eine krankengymnastische Übungsbehandlung zur Aufdehnung der Achillessehnenverkürzung wichtig.

  • Hohlfuß

    Unter einem Hohlfuß versteht man ein deutlich überhöhtes Längsgewölbe. Dieses geht zum Teil mit einer varischen Fersenstellung einher. Die Indikation zu Propriozeptiveinlagen-Versorgung beim Hohlfuß besteht, wenn er nicht kontrakt ist und eine varische Fersenstellung beim Gehen besteht. Ein Sonderfall stellt der abgeflachte Hohlfuß dar, bei welchem eine gerade bis varische Fersenstellung mit deutlicher Längsgewölbe-Insuffizienz vorhanden ist. Hier ist eindeutig die Indikation zur Propriozeptionseinlagen-Versorgung gegeben. Die Tonusveränderung erfolgt über die laterale Kette der Peroneusmuskulatur, die mediale Kette der Tibialisgruppe sowie über die kurze Fußmuskulatur. 

    Da es sich beim Hohlfuß um eine knöcherne Fehlform handelt, ist nicht die Korrektur des Hohlfußes an sich Ziel der Behandlung. Vielmehr für die Unterstützung der muskulären Stabilität zur Aufrichtung der Ferse.

  • Sichelfuß

    Beim Sichelfuß handelt es sich um eine Fußfehlform mit einer Adduktionsfehlstellung in der Fußwurzel oder im Lisfranc-Gelenk. Die Sichelfußfehlstellung ist teilweise schon bei Geburt vorhanden. Eine Therapie bei ausgeprägten Sichelfüßen muss bereits im Säuglingsalter erfolgen. Im Kleinkind- und Kindesalter halte ich eine propriozeptive Einlagenversorgung für medizinisch indiziert, wenn der Sichelfuß mobil ist, das heißt, passiv mit leichter Kraft korrigiert werden kann. Die propriozeptive Einlage ist einer Drei-Backen-Einlage bei weitem überlegen, da sich bei der Schrittabwicklung der Drehpunkt des Schnabels in Höhe des Grundzehengelenkes verlagert und so nur in Teilen der Schrittabwicklung ein Druck durch Einlage erfolgt.

  • Funktionelles Spitzfuß-Gangbild

    Hierunter versteht man ein Spitzfuß-Gangbild, welches keine strukturellen Veränderungen des Gastro-cnemius, der Achillessehne oder weiterer Sehnenanteile nach sich zieht. Die Grenzen zum minimal-braindysfunktion als Ausdruck der minimalen infantilen Cerebralparese sind zum Teil fließend, da durch ein Zehenspitzengangbild eine Fehlbelastung der gesamten Muskeln nach proximal erfolgt. Auch hier ist eine Behandlungsindikation gegeben. Dieses ist durch propriozeptive Einlagen in idealer Weise zu lösen, da über die Vorspannung der kurzen Fußmuskulatur durch Zehensteg und retrocapitale Anstützung eine Tonusreduktion der Wadenmuskulatur erfolgt. Hierdurch lässt sich sehr leicht mit propriozeptiven Einlagen in Schuhen eine Normalisierung des Gangbildes erzielen. Wichtig ist insbesondere, wie bei allen Propriozeptiveinlagen, das adäquate kindliche Schuhwerk, welches ausreichend Halt im Fersenbereich gibt.

  • Innen- und Außenrotation-Gangbilder

    Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Torsionsvarianten im Hüftgelenksbereich oder im Unterschenkelbereich. Durch eine propriozeptive Einlagenversorgung ist eine kosmetische Verbesserung des Gangbildes zu erzielen. Eine nennenswerte Änderung der Funktion und Detorsion der Gelenkachsen ist durch eine Einlagenversorgung nicht möglich. Außerdem ist fraglich, ob eine zwangsweise Korrektur, insbesondere des Innenrotationsgangbildes bei Coxa antetorta, nicht sogar die natürliche Aufrichtung des Fußlängsgewölbes behindert, so dass die alleinige Torsionsfehlstellung für meine Begriffe keine Indikation zur propriozeptiven Einlagenversorgung darstellt.

  • Funktionelles Schmerzsyndrom der unteren Extremität

    Bei Jugendlichen kommen hier insbesondere die Chondropathia patellae, chronische Achillessehnenbeschwerden und Schmerzen im Hüftaußenbereich zu Tragen. Hier liegt meiner Erfahrung nach immer eine erhebliche Fehlfunktion des Fußes vor, welche aktiv korrigiert werden kann und damit die Beschwerden lindert. Die meisten Patienten sind dadurch beschwerdefrei zu bekommen. Durch den propriozeptiven Lerneffekt ist irgendwann auch ein Verzichten auf die Einlagen möglich.

    Im Verlauf jeder Einlagenversorgung sind kontinuierliche klinische Kontrollen erforderlich, um die Einlagen den sich verändernden Fußfehlstellungen und dynamischen Verhältnissen anzupassen. Es hat sich bewährt, diese alle drei Monate durchzuführen. Zusammenfassend ist die propriozeptive Einlagenversorgung ein gutes und adäquates Mittel zur Behandlung von korrigierbaren Fußfehlstellungen und Schmerzsyndromen der unteren Extremität.

    Durch einen Lerneffekt und Adaption ist irgendwann eine einlagenfreie Nachbehandlung möglich.

Dieser Artikel ist im Sonderheft der Zeitschrift "Orthopädieschuhtechnik" zum Thema "Sensomotorik" in Kooperation mit dem Maurer Verlag erschienen.

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Dr. med. Andreas Heine

Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Facharzt für Orthopädie-Rheumatologie, Kinderorthopädie